Der Jahreswechsler

Er wechselte die Jahre wie die Hosen. Kaum hatte er sich an das neue Jahr gewöhnt, war es schon wieder so weit, sich von ihm zu verabschieden. Ihm blieb nicht einmal die Zeit für gute Vorsätze.

Als er dann eines Tages wieder an den wenigen Neujahrsgrüßen saß, die er jedes Jahr verschickte, und überlegte, welche Jahreszahl denn nun auf die Karten zu schreiben sei, wurde ihm klar, dass sein Leben an ihm vorbeizog. Daher fasste er einen Entschluss.

Er schrieb einen Gruß weniger und notierte stattdessen auf einem Zettel, den er sich an die Wohnungstür heftete, um ihn täglich vor Augen zu haben, er wolle das übernächste Jahr genießen. Das kommende schien ihm zu kurzfristig. Und doch streckte es sich, allein der Vorfreude wegen.

Das Christkind

Der Winter ist gekommen,
der Schnee legt seine Hand
den Sündern und den Frommen
aufs Haupt, dem ganzen Land.

Und weihnachtlich Geschell,
das Christkind steht im Start-
loch, helft ihm doch schnell,
steckt fest mit seinem Bart.

 

Der verlorene Garten

Er hatte seinen Garten verloren. Seinen geliebten Schrebergarten. Anfangs dachte Alfons nur: Oh, da muss ich aber hart arbeiten. Denn als er nach den anhaltenden Schneefällen der letzten Tage erstmals wieder sein Gärtchen besuchte, fand er es unter den weißen Massen begraben. Genauer gesagt, fand er es eben nicht. Dort, wo es einmal gewesen war, befand sich nun nur noch eine weiße Ebene.

Die Gärten links und rechts waren von ihren Besitzern offenbar schon frei geschaufelt worden. Nur eine dünne Schneeschicht bedeckte noch Rasen und Beete. Von seinem war dagegen nichts zu sehen. Selbst da, wo er sein gemütliches Gartenhäuschen vermutete, erhob sich nicht einmal ein Hügel aus der Schneedecke. Weder sein Apfelbaum noch sonst irgendein Wipfel war zu sehen.

Alfons holte seine Schaufel aus dem Wagen und beschloss, sich zunächst zum Gartentor durchzugraben. Er grub und grub. Nach zwei Stunden hatte er hinter sich bereits einen ansehnlichen Berg aus Schnee angehäuft. Längst achtete er nicht mehr darauf, den Weg für die Rückfahrt freizuhalten. Mit jedem Mal, bei dem er die Schaufel in das Weiß stieß, hoffte er auf Widerstand zu stoßen. Doch sein Gartentor erreichte er wieder und wieder nicht.

Nach weiteren zwei Stunden blickte er sich um. Die Sicht nach hinten war ebenso versperrt wie die nach vorn. Doch wenn er sich streckte, konnte er erkennen, dass er längst die Grenze zu seinem Garten überschritten hatte. Nur den Garten selbst fand er nicht.

So leicht jedoch wollte er, dem trotz der kalten Jahreszeit der Schweiß von der Stirne tropfte, nicht aufgeben. Noch bis zum Abend schaufelte er, änderte mehrfach seine Strategie, grub mal nach links, mal nach rechts, mal steil nach unten. Der Garten aber blieb verschwunden.

So musste er schließlich seine Arbeit vertagen. Als er nun den Heimweg antreten wollte, fand er auch sein Auto nicht mehr.