Ein Schritt zuviel

Als Herr P. vorsichtig einen Schritt zur Seite tat, um das Leben eines armen Frosches zu schützen, ahnte er nicht, dass er mit ebendiesem Schritt das eines Regenwurms für immer auslöschte, der sich gerade auf den Weg in die beste Zeit seines Daseins begeben hatte.

Tagebuch

Habe heute beschlossen, dieses Tagebuch zu beginnen. Habe diese Seite aufgeschlagen und den ganzen Tag darüber nachgedacht, was ich schreiben könnte. Am Abend habe ich den Tag Revue passieren lassen. Nichts los gewesen. Hab nur hier gesessen. Wahrscheinlich ist mein Leben für ein Tagebuch nicht aufregend genug.

Balkon

Abendliches Grab. Alles still. Weit hinten schläft der Wald. Wenn er blinzelt, sieht er seine Kinder. Sie wachsen in der Baumschule. Heimlich. Nicht wahrnehmbar für mich. Wie die Grillen. Es zirpt. Wer weiß schon, woher? Verewigte Spur des abwesenden Traktors. Im wellenlosen Meer aus Korn. Die Wellen sind in die Baumkronen gekrochen. Getrieben vom müden Wind spielen sie mit den Blättern. Kindisch. Die wogenden Höschen. Sie erinnern an die nachmittägliche Mutter, die die Wäscheleinen weckte. Ich denke an ihre runden Formen, freue mich auf die noch kleineren Höschen, die bald schon die Leine schmücken. Kündend vom ewigen Fortgang des Lebens.

Belehrung

Da Meier nicht begreifen konnte, wie ein Mensch derart leichtfertig mit dem Leben anderer umgehen konnte, suchte er Lehrer Schulze auf, unter dessen Aufsicht sich Meiers geliebte Tochter einen ihrer zarten Knöchel verstaucht hatte, knüpfte ihn mit einem eigens dafür erstandenen Strick und den Füßen zuoberst an einen Baum, entzündete ein Feuer direkt unter Schulzes Haupt und genoss den Anblick, wie dem Lehrer ein Licht aufging.