Verhasst

„Hasst du das auch manchmal so wie ich?“, fragte sie.
„Ich hasse nicht“, antwortete er. „Nichts und niemanden.“
„Du veraschst mich doch“, sagte sie. Nicht mit Worten. Sie brauchte nur einen Blick dafür.
Er schüttelte den Kopf und erntete einen zweiten Blick. „Wirklich nicht. Nichts und niemanden. Manchmal hasse ich mich dafür.“

Nur so ein Gefühl

Er suchte sein Gefühl. Hatte das Gefühl, es sei ihm verloren gegangen. Er durchwühlte sein Inneres, beginnend beim Kopf. Schob Gedanken beiseite, legte die Vernunft ab, krempelte sein Gedächtnis um. Als er nichts fand, glitt er die Speiseröhre hinab, einen schalen Geschmack im Mund, und landete schließlich im Bauch, wo er einen Moment glaubte, er sei seinem Ziel nähergekommen. Doch das Bauchgefühl trog. So hoffte er, es könne wenigstens von außen an ihn herangetragen werden, schaute links und rechts, blickte nach oben und unten, sah nach vorn und hinten, wurde immer panischer. So panisch, dass er gar nicht bemerkte, wie ihn Angst überkam und Traurigkeit berührte. Noch ehe er sich versah, hatte er jedes Gefühl mit Füßen getreten. So lange, bis es ganz stumpf wurde.

Der Flügel

Er saß vor seinem Flügel und spielte. Eine Weise einer Waise. In der Art, dass die Melodie wie ein Zwitschern in den Ohren der Publikanten klang.

Er vermied es, seine Zuhörer zu sehen. Wollte sich den Lauschenden nicht zeigen, der Bewunderung entgehen.

Noch sang er sich in die Flucht. Doch als er seine Einsamkeit bedroht sah, hob er den Flügel und flog davon.